Iwan Stepanovitsch Mazepa

 

 * ca. 1644 in Masepinzi, Oblast Kiew
 † 22. September 1709 in Bender
Ataman der ukrainischen Kosaken seit 1687

 

Er stammte vom ukrainischen Adel aus der Stadt Bjelaja Zerkow ab. Sein Vater gehörte dem Adel an, er herrschte über das Dorf Mazepintzy. Seine Mutter Maria gehörte dem adligen Geschlecht der Makiewskijs an. Iwan Mazepa studierte in der Kijewo-Mogiljanischer Akademie, diente dann auf dem Hof des polnischen Königs Jan-Kasimir. Er sprach perfekt Latein, konnte gut Polnisch, Deutsch und Italienisch. Seine Zeitgenossen erinnern sich, dass Mazepa die Menschen in seiner Umgebung nicht nur durch seine hohe Bildung, sondern auch durch die Kunst, freundschaftliche Beziehungen herzustellen und Vertrauen zu wecken, angezogen hat. Nach seiner Rückkehr aus Polen tritt er den Dienst in der Kosakenarmee an, die vom Hetman Iwan Ssamojlowitsch befehligt wurde. Mazepa wurde zum General-Jessaul ernannt und erledigte zudem auch wichtige diplomatische Aufgaben. Die misslungene Krim-Kampanie im Jahr 1687 wurde Hetman Iwan Ssamojlowitsch persönlich angelastet. Er wurde seines Amtes enthoben und nach Sibirien verbannt. Der Fürsprache des Favoriten der damaligen Zarentochter Sofia, des Bojaren Wassilij Golitzin, hat es Mazepa zu verdanken, dass er am 25. Juni 1687 zum Hetman gewählt wurde.

   Während seiner ganzen 21jährigen Herrschaft führte Mazepa die, für die Hetmans der Linksufrigen Ukraine traditionelle, Politik der Festigung der Stellung des Kosaken-Ältestenrates. Dank der großzügigen Geschenke vom Peter I. - er schenkte ihm um die 20 000 Landgüter - wurde Mazepa zu einem der reichsten Feudalen Europas. Als eifriger Verfechter des christlich-orthodoxen Glaubens lies er viele Kirchen im Stil des ukrainischen Barock bauen. Während der Herrschaft von Mazepa hat sich die Kijewo-Mogiljanischer Akademie baulich vergrößert und die Zahl der Studenten auf 2000 erhöht.

   Mazepa unterstützte aktiv die Feldzüge von Peter I. gegen die Türken und Tataren. So wurde 1696 Asowo, die strategisch wichtige Festung der Türken am Asowschen Meer, von Zar Peter I. erobert. Der alternde Hetman wurde zum ständigen Berater des jungen Imperators in polnischen Fragen: mit der Zeit entwickelte sich zwischen ihnen eine innige Freundschaft.

   Anfang des XVIII. Jahrhunderts zeichneten sich die ersten Spannungen zwischen Zar und Hetman ab. 1700 begann der Große Nordische Krieg. Als Hauptgegner in einem unerbittlichen Kampf stritten der russische Zar Peter I. und der 18-jährige schwedische König Karl XII. um die Beherrschung der Ostseeküste. Nach einigen katastrophalen Niederlagen am Anfang des Krieges fällt Peter I. die Entscheidung, seine Armee zu modernisieren - sowohl ihre Führung als auch ihre Ausrüstung. Die neue Staatspolitik des russischen Zaren bedrohte jedoch die durch den Perejaslawer Vertrag besiegelte, traditionelle Autonomie der Ukraine. Während des Krieges erhob der Zar bisher unerhörte Forderungen an die Ukrainer. Anstatt das eigene Land vor den unmittelbaren Feinden - den Türken, Tataren und Polen - zu verteidigen, zwang man die Ukrainer gegen die schwedischen Streitkräfte fern von zu Hause zu kämpfen. In diesen Feldzügen wurde die bittere Erkenntnis deutlich, dass die Kosaken den regulären europäischen Armeen kein ebenbürtiger Gegner sind. Ihre Regimenter mussten Verluste bis zu 70% der Truppenstärke hinnehmen. Um die Operationsfähigkeit seiner Streitkräfte zu stärken, übergab Peter I. das Kommando über die Kosakenregimenter in die Hände russischer und deutscher Feldherren. Dies nahm den Kosaken die letzte Kampfmoral. Die ausländischen Offiziere verachteten offen die Kosakeneinheiten, die sie oft als Kanonenfutter eingesetzt haben.

   Diese allgemeine Unzufriedenheit der Kosaken über die Zarenpolitik veranlasste Mazepa, sich einen neuen Verbündeten zu suchen. Als Stanislav Leschtschinskij, der polnische Verbündete des Karl XII., der Ukraine mit einem Überfall gedroht hat, wandte sich der Hetman an Peter I. und bat ihn um Hilfe. Da Peter I. aber zur gleichen Zeit die Offensive der Schweden befürchtete, verweigerte er Mazepa seine militärische Hilfe. Dies hielt der ukrainische Hetman für einen Vertragsbruch, denn zu den Grundlagen des Perejaslawer Vertrags aus dem Jahr 1654 gehörte die Pflicht des Zaren, die Ukraine vor den Polen zu schützen. Mazepa sah sich nicht mehr verpflichtet, dem Zaren die Treue zu halten. So ist er am 28. Oktober 1708, als Karl XII. auf seinem Feldzug gegen Moskau plötzlich Richtung Ukraine abdreht, auf die schwedische Seite übergewechselt, in der Hoffnung, die Plünderung seines Landes zu verhindern. Zusammen mit ihm wechselten 3000 Kosaken und ein Teil des Kosaken-Ältestenrates die Seiten. Die Bedingungen dieses Anschlusses an die Schweden wurden in einem Vertrag zum Frühlingsanfang 1709 besiegelt. Für die militärische Hilfeleistung und zur Verfügungsstellung der Lebensmittel versprach Karl XII., die Ukraine zu beschützen und eine Vertragsunterzeichnung mit dem russischen Zaren so lange hinauszuzögern, bis die Rechte der Ukraine wiederherstellt sind und diese völlig unabhängig von Moskau ist.

   Einige Tage nach Mazepas Seitenwechsel wurde die Hetmans-Hauptstadt Baturin von Einheiten der russischen Armee unter dem Kommando Alexander Menschikows völlig zerstört, 6000 Einwohner, einschließlich Greise und Kinder, wurden getötet. Die Nachricht über die Abschlachtung der Kosaken in Baturin und die Verhaftungen und Hinrichtungen beim kleinsten Verdacht der Sympathie zu Mazepa, ließen viele potenziellen Anhänger des Hetmans ihre Pläne ändern. Zu diesem Zeitpunkt befahl Peter I. den Kosakenältesten, die sich Mazepa nicht angeschlossen hatten, einen neuen Hetman zu wählen. Am 11. November 1708 wurde Iwan Sskoropadskij gewählt. Die Gräueltaten in Baturino und die Grausamkeit der russischen Streitkräfte lösten Angst unter der ukrainischen Bevölkerung aus. Die protestantischen Schweden hatten ohnehin kein großes Vertrauen genossen. Deswegen hat der Großteil der Bevölkerung Hetman Mazepa nicht unterstützt. Nur eine einzige bedeutende Bevölkerungsgruppe stellte sich auf Hetman Mazepas Seite - die Saporozher. Diese Entscheidung haben sie jedoch teuer bezahlt. Im Mai 1709 zerstörte die russische Armee die Zaporozher Ssetsch. Ein Erlas des Zaren aus dieser Zeit befahl jeden aufgegriffenen Zaporozher auf der Stelle hinzurichten.

   Am 27. Juni 1709 fand die Schlacht von Poltawa statt - die entscheidende kriegerische Auseinandersetzung des Großen Nordischen Krieges. Der Sieg in dieser Schlacht öffnete Russland den Zugang zur Ostsee und ließ es zum mächtigsten europäischen Statt werden.

   Iwan Mazepa und der König Karl XII. retteten sich vor der Verfolgung durch die russische Kavallerie nach Moldawien, die damals zum Osmanischen Reich gehörte, und bekamen dort Asyl. Der türkische Sultan verweigerte Mazepas Auslieferung an den Zarenbotschafter Tolstoj. Mazepa war mit seinen Kräften ohnehin am Ende, er starb am 21. September 1709.