Bohdan Chmelnyzkyj
* 1595 vermutlich in Schowkwa, möglicherweise auch in Subotiw bei Tschyhyryn
† 6. August 1657 in Tschyhyryn
ukrainischer Kosakenhetman und der Gründer des ersten Kosakenstaates
bekannt für einen erbitterten Kampf gegen die Herrschaft Polen-Litauens
Schreiber der Registerkosaken und Hundertschaftsführer im Dienst der polnisch-litauischen Krone
Ausbildung in Kiew und bei den Jesuiten in Lemberg
Im Jahr 1620 nahm er unter dem Hetman der Krone Stanisław Żółkiewski am Feldzug gegen die Türken teil und geriet in deren Gefangenschaft. Seine erste Frau Anna schenkte ihm 5 Kinder. Geheiratet
hatten sie, nachdem der junge Kosak 2 Jahre bei den muslimischen Tataren gefangen war. So kannte er dieses Volk gut, dessen Sprache und Denkweise.
Chmelnizki also ist bestens vertraut mit den 3 Kulturen, die sich im Grenzland am Beginn der Neuzeit überschneiden: das katholische Polen-Litauen, die vom orthodoxen Glauben geprägte Welt der Kosaken
und die osmanisch beeinflusste der Krimtataren.
Nach Annas Tod lebt er Helena zusammen auf seinem eigenen Gut. Sie haben einen Sohn, der ist zehn Jahre alt und Chmelnizki nun schon über 50.
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert wächst der Druck Polen-Litauens auf das Grenzland, die freien Kosaken, die hörigen Bauern, die Angehörigen des orthodoxen Glaubens allgemein. Garantierte
Privilegien werden beschnitten, das Register und damit die Zahl freier Kosaken gekürzt, freie Familien auf den Status Höriger gedrückt, ein erster großer Aufstand 1637/38 blutig niedergeschlagen. In
der Ukraine gärt es, eine revolutionäre Situation kann man es nennen, aber noch fehlt ein fähiger Anführer.
Dann bricht jäh die Realität in das Leben des Bogdan Chmelnizki. Ein polnischer Magnat stellt dessen Besitzanspruch auf das Gut in Frage, ein anderer Pan nutzt die Abwesenheit des Hausherren für
einen Überfall. Helena wird entführt, ihr gemeinsamer Sohn getötet, der Hof niedergebrannt.
Der treue Untertan des polnischen Königs steht vor dem Nichts. Er geht nach Saporoshje, in die Sitsch, zu den freien Kosaken, redet, überzeugt, plant. Neue Befestigungen werden angelegt und alte
verstärkt. Am 19. April 1648 wählt eine Rada aus 8000 Kosaken Bogdan Chmelnizki zu ihrem Hetman und beschließt den Aufstand. Bereits zu Beginn des Aufstandes, schickte Bohdan Chmelnyzkyj eine
Gesandtschaft nach Moskau mit der Bitte um Beistand. Da Moskau jedoch zögerte, einen neuen Krieg gegen Polen-Litauen zu beginnen, mussten sich die Kosaken mit den Krimtataren verbünden. Als Bezahlung
durften die Krimtataren einen Löwenanteil der erbeuteten polnischen Güter behalten.
3000 Männer sind es nur wenige Tage später, die in den Kampf ziehen. Leibeigene und Bauern schließen sich ihnen an und nördlich von Kriwoi Rog erringen sie Anfang Mai ihren ersten Sieg über ein Heer
aus Polen und Registerkosaken. Letztere töten ihren Anführer Barabasch und gehen zu Chmelnizki über. Nur zehn Tage später siegen sie erneut, bei Korsun (dem heutigen Korsun-Schewtschenkowski). In
Bila Zerkwa ruft der Hetman zum Anschluss an sein Heer und die Mensche strömen in Scharen herbei. Die gesamte Ukraine bis ins heutige Weirussland ist in Aufruhr. Güter brennen, Herren werden
erschlagen.
Polen ist durch den Tod König Wladislaws politisch nicht voll handlungsfähig. Ein 40 000 Mann starkes Heer, bunt zusammengewürfelt und ohne einheitliche Führung, zieht gegen die Aufständischen. Die
adligen Offiziere erhoffen eine wild-fröhliche Treibjagd auf die unbotmäßigen Bauerntölpel mit anschließendem Zechgelage. Gut 100 Kanonen erbeutet Chmelnizkis siegreiche Truppe, dazu die Trosswagen
mit den Wertsachen der adligen Kavaliere.
Feierlich wird der Hetman danach in Kiew empfangen. Ein Bündnisangebot der Kosaken an Russland wird vom Zaren abgelehnt. Moskau fühlt sich noch nicht stark genug für einen offenen Krieg mit Polen.
Aber heimlich rollt der Nachschub: Getreide, Pulver und Blei.
Anfang Oktober hat Polen wieder einen König. Noch im Winter kommt es in Perejaslaw zu Verhandlungen. Als Chmelnizki das magere Angebot König Kasimirs ablehnt, wird er zum Staatsfeind erklärt und eine
Prämie von 10 000 Zloty auf seinen Kopf ausgesetzt. Aber schon im März treibt das ukrainische Heer die Polen nach Westen zurück. Im Sommer 1649 kommt es bei Sboriw an der Landstraße zwischen Lemberg
und Ternopil zur Schlacht.
Doch hier verraten die Tataren ihre Verbündeten. Der Hetman ist gezwungen, den Kampf abzubrechen. Das Kriegsglück verließ Chmelnyzkyj, als der Krimkhan İslâm III. Giray in den Schlachten bei Sboriw,
Berestetschko und Schwanez die Kosaken verriet, damit Polen nicht allzu sehr geschwächt würde. Daraufhin wandte sich Chmelnyzkyj erneut an Zar Alexei Michailowitsch.
Die Bedingungen des neuen Vertrages sind günstig: Amnestie für alle, Religionsfreiheit, keine Stationierung polnischer Truppen auf kosakischem Gebiet und ein Register von 40 000 Mann – in Perejaslaw
bot Polen nur die Hälfte. Dennoch ist es ein Vertrag, der niemanden zufrieden stellt und so wird erneut zum neuen Krieg gerüstet – auf beiden Seiten.
Für Polen ist es leicht, in Europa Söldner anzuwerben. Gerade ging dort der Dreißigjährige Krieg zu Ende. Chmelnizki überzieht das Register. Dann, in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar 1651
marschiert das polnische Heer in der Ukraine ein. Südlich von Luzk bei Berestetschko kommt es zum Treffen. Wieder verraten die Tataren den Hetman, nehmen ihn sogar gefangen. Dem kosakischen Heer
unter Bogun gelingt die Flucht in die Steppe. Aber Kiew fällt.
Bis zum September verschwindet Chmelnizki von der politischen Bühne. Was in der Zwischenzeit geschieht, ist ungewiss. Helena, Chmelnizkis Lebensgefährtin nach dem Tod seiner ersten Frau Anna, wird in
dieser Zeit getötet.
Dann unterschreibt er den Vertrag von Bila Zerkwa, ein Dokument, in dem viel des schon Erreichten zurück genommen wird. Der Krieg ist an einen toten Punkt gelangt. Das Volk scheint müde, ausgeblutet.
Im Mai 1652 siegen die Aufständischen bei Batog am südlichen Bug. Im Sommer des nächsten Jahres marschiert wieder ein polnisches Heer in die Ukraine und wieder verhandeln die Kosaken mit Moskau.
Diesmal ist man in Russland zum Bündnis mit dem Süden bereit. Der Beschluss dazu wird im Oktober gefasst und am 23. des selben Monats erfolgt die Kriegserklärung an Polen. Zwar wäre man erst im
nächsten Jahr dafür gerüstet, aber das wissen die Polen nicht und auch nicht die jetzt mit diesen verbündeten Tataren. Die Truppen beider Seiten ziehen sich kampflos zurück.
Bei der Rada von Perejaslaw im Januar 1654 schwor ein Großteil der Kosakenelite einen Treueeid auf den Zaren. Das Zarentum Russland erklärte Polen-Litauen den Krieg. Der sehr wechselhafte
Russisch-Polnische Krieg 1654–1667 war eine Fortsetzung des Chmelnyzkyj-Aufstands. Am Ende wurde die Ukraine zwischen Russland und Polen entlang des Dnepr aufgeteilt.
Anfang 1654 tagt die Rada in Perejaslaw. Der Zar gewährt ein Register von 60 000 Mann, gleiche Rechte wie für die anderen Kosaken des Imperiums an Don und Ural, Religionsfreiheit. Das Hetmanat
unter Chmelnizki auf dem linken Ufer des Dnepr, einschließlich Kiews ist nun de jure Bestandteil Russlands.
In der russischen Historiographie wird dieser Akt als Anschluss an Rußland gesehen, in der ukrainischen als millitärische und politische Allianz zweier unabhängiger Staaten, da die einzige Verbindung
mit Moskau der Zar ist.
Die Westukraine bleibt unter polnischer Herrschaft.
Am 21.07.1657 legt Hetman Bogdan Chmelnizki sein Amt nieder und stirbt kurz darauf. Der Hass Polens soll ihm erhalten bleiben. Sieben Jahre später, bei einem erneuten Einfall polnischer Truppen, wird
das Grab geschändet, die Gebeine des Toten den Hunden vorgeworfen.
In der Regierungszeit des Ukrainers Nikita Chruschtschow wurde die Krim 1954 an die Ukraine übergeben. Der Anlass dazu war das 300-jährige Jubiläum der Rada von Perejaslaw von 1654 und der
"Vereinigung" der Ukraine mit Russland. Die Feier war in den Medien sehr präsent. Aus demselben Grund wurde die ukrainische Stadt Proskuriw 1954 in Chmelnyzkyj umbenannt. Ihm zu Ehren wurde am 10.
Oktober 1943 der Bogdan-Chmelnizki-Orden geschaffen.
In Russland und der Sowjetunion hatte das Gedenken an Chmelnyzkyj Hochkonjunktur, davon zeugen z. B. die Feierlichkeiten 1954 und der während des Krieges geschaffene Orden. Gleichzeitig zerstörte man
die alten Überreste der kosakischen Kultur, u. a. die Burganlage auf der Insel Chortyzja.